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(erstellt: Juli 2018)

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1. Botanisch

Weizen 01
Der Weizen (Triticum aestivum bzw. Triticum durum) gehört zu den einjährigen Gräsern. Kennzeichnend ist sein aufrechter Halm, der in → Ähren ohne Grannen ausläuft. Weizen wurde seit dem Neolithikum (ca. 8300-4000 v.Chr.) kultiviert. Der Same des Weizens besteht zu 70% aus Stärke und zu 10% aus Eiweiß. Anders als bei den Vorformen des Weizens, Einkorn und → Emmer, lässt sich beim Weizen das Korn leicht von den Spelzen lösen, was eine große Arbeitserleichterung darstellte.

2. Altes Testament

2.1. Bezeichnung

Der Weizen hat die hebräische Bezeichnung חִטָּה ḥiṭṭāh.

2.2. Bedeutung im Alltag

Weizen gehört zu den sieben Früchten des Landes (Dtn 8,8), was seine Wichtigkeit für die Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln herausstellt (vgl. Jer 41,8). Die Körner wurde nach dem ersten Regen, etwa im Dezember gesät (zur Aussaat vgl. auch Jes 28,25), die Ernte erfolgte im Frühsommer (Mai / Juni) nach der Gerstenernte (Ex 9,31-32, vgl. Gen 30,14; Ri 15,1; 1Sam 12,17). Nach dem Schneiden der Halme (1Sam 6,13) erfolgte das → Dreschen (Ri 6,11; 1Chr 21,20). Da Weizen ein gutes Mehl liefert (Ex 29,2), war er besonders beim Brotbacken wichtig. Die Weizenkörner wurden aber auch gegessen, zuweilen roh, nachdem sie aus der Ähre gelöst worden waren (Dtn 23,26), oder auch geröstet (Lev 23,14; Rut 2,14). Wegen der leichten Transportierbarkeit waren Körner, Mehl und Brot als Reiseproviant bestens geeignet (1Sam 17,17; 1Sam 25,18; 2Sam 17,28). Ein Land voller Weizen ist ein reiches Land, das in Gegensatz zu einem Land voller Disteln (Hi 31,40; Jer 12,13) steht. Weizen war ein Handelsgegenstand (Ez 27,17) und auch ein Zahlungsmittel, z.B. für Lieferungen von Bauholz aus dem Libanon (1Kön 5,25; 2Chr 2,9.14 u.ö.), sowie Teil von Tributleistungen (2Chr 27,5). In Ez 4,9 ist Weizen Bestandteil einer belagerungsbedingten Notnahrung.

Ein Weizenlager wird nach 2Sam 4,6 zum Ort eines mörderischen Anschlags auf → Eschbaal, den Sohn → Sauls durch zwei seiner Truppführer. Sie gelangen unter dem Vorwand, Weizen holen zu wollen, in das Haus Eschbaals, schlagen ihm den Kopf ab und bringen diesen zu → David nach → Hebron. „Man hat sich vorzustellen, daß die beiden den Kopf im Sack mitführen, den sie angeblich zum Transport des Weizens mitgebracht hatten.“ (Stolz 1981, 204).

2.3. Religiöse Bedeutung

Aus Weizen waren die → Schaubrote gebacken. Auch als Getreideopfer spielte er eine wichtige Rolle (1Chr 21,23; Ez 45,13; Esr 6,9; Esr 7,22). Ein Fest der Erstlinge des Weizens kennt Ex 34,22. Die Zuwendung Gottes zeigt sich in besonderer Weise an der Sättigung der Menschen mit dem Ertrag des Weizens (Dtn 32,14; Ps 81,17; vgl. Ps 147,14). Zeichen von Unheil und Gericht ist es, wenn die Felder verwüstet und samt dem Weizen verdorrt daliegen (Joel 1,11).

2.4. Metaphorik

Hhld 7,3 vergleicht den Bauch der Geliebten mit einem Weizenhaufen. Damit dürfte auf „Fruchtbarkeit und Nahrhaftigkeit“(Keel 1986, 216) angespielt werden.

3. Neues Testament

3.1. Bezeichnung

Die griechische Bezeichnung für Weizen istσῖτος sitos.

3.2. Bedeutung

Das geerntete Getreide wurde in Scheunen gelagert, wie die Geschichte vom reichen Kornbauern zeigt (Lk 12,18, vgl. auch Lk 3,17). Beim Gang durch ein Weizenfeld begannen die Jünger am Sabbat, Ähren auszuraufen (Mt 12,1), was zu einer Neubewertung der in Ex 20,10 überlieferten Sabbatregelungen durch Jesus führt.

Weizen war dreimal so wertvoll wie Gerste (Apk 6,6). Teuerungen spiegeln sich in der Erhöhung des Weizenpreises, was eine Not vor allem der ärmeren Bevölkerungsgruppen zur Folge hatte (Apk 6,6). Weizen als Schiffsfracht kennt Apg 27,18; als Handelsprodukt wird er auch Apk 18,13 vorausgesetzt.

3.3. Metaphorik

Die Gleichnisse Jesu nehmen mehrfach auf den Weizen Bezug. So setzen die Gleichnisse von der selbstwachsenden Saat (Mk 4,28) und vom vierfachen Acker (Mk 4,3-8; Mt 13,3ff; Lk 8,5-8) landwirtschaftliche Vorgänge wie die Aussaat der Samenkörner voraus und vergleichen sie mit dem Kommen der Gottesherrschaft, die im Anbruch ist: „ In Gottes Anfang liegt das Ende schon eingeschlossen“ (Jeremias 1977, 152).

Mt 13,24-30 setzt voraus, dass die Felder ständig Gefahr liefen, zu verunkrauten (→ Unkraut), und die Verunkrautung weit größeren Umfang hatte als heute. Das Getreide konnte stets von Disteln und Dornen (vgl. Mt 13,7) oder anderem Unkraut, wie dem Taumelloch überwuchert werden, der erst spät, beim Ansetzen der Frucht, vom Weizen unterschieden werden kann. Das Gleichnis mahnt dazu, erst bei der Ernte das Unkraut vom Weizen zu trennen, wobei die Ernte ein Bild für das Gericht ist.

Mt 3,12 par Lk 3,17 setzt die Trennung von Spreu und Weizen mit Hilfe der Wurfschaufel voraus (→ Worfeln), Bild für die Trennung von Bösen und Guten in der Gemeinde. Auch die Jünger sollen wie Weizen gesiebt werden (Lk 22,31). Das sterbende und aufwachende Weizenkorn schließlich ist Bild für die Auferstehung (Joh 12,24; 1Kor 15,37).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1992
  • Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006

2. Weitere Literatur

  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina II, Gütersloh 1932, 243-246; III, Gütersloh 1933, 1-308
  • Germer, R., Flora des pharaonischen Ägypten, Mainz 1985, 212f
  • Habbe, J., Palästina zur Zeit Jesu. Die Landwirtschaft in Galiläa als Hintergrund der synoptischen Evangelien (NThDH 6), Neukirchen-Vluyn 1994
  • Jeremias, J., Die Gleichnisse Jesu, Göttingen 9.Aufl. 1977
  • Keel, O., Das Hohelied (ZBK.AT 18), Zürich 1986
  • Neumann-Gorsolke, U. / Riede. P. (Hgg.), Das Kleid der Erde. Pflanzen in der Lebenswelt des alten Israel, Stuttgart / Neukirchen-Vluyn 2002

Abbildungsverzeichnis

  • Weizenähren. Aus: Wikimedia Commons; © public domain; Zugriff 8.9.2018

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