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Getreide

(erstellt: Juli 2018)

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Ackerbau; → Brot; → Emmer; → Gerste; → Hirse; → Speise / Speisezubereitung; → Weizen

1. Altes Testament

1.1. Bezeichnungen

Das Alte Testament kennt verschiedene Begriffe für Getreide:בָּר bār (Gen 41,35 u.ö.) und דָּגָן dāgān (Gen 27,28; Num 18,12) bezeichnen (ausgedroschenes) Getreide, Korn / Kornertrag. Ferner finden sich שֶׁבֶר šæbær (Gen 42,1.2a; Am 8,5 u.ö.: Getreide), קָמָה qāmāh (Ex 22,5; Dtn 16,9; Dtn 23,26; Hos 8,7 u.ö.: stehendes Getreide, das noch nicht gemäht ist), כַּרמֶל karmæl (Lev 2,14; Lev 23,14; 2Kön 4,42: [noch weiches] Jungkorn), עָבוּר הָאָרֶץ ‘āvûr hā’āræṣ (Jos 5,11-12: der Ertrag des Landes) undתְּבוּאָה təvû‘āh (2Chr 32,28; Dtn 14,22; Jes 30,23 u.ö.: „das, was hereinkommt“, u.a. der Ertrag an Getreide).

1.2. Getreidearten

In Palästina kamen vor allem → Weizen, → Gerste und → Hirse vor. Belegt ist außerdem → Emmer. Wichtigste Anbaugebiete für Getreide waren die Ebene von → Jesreel, die Ebene von → Akko und die → Bucht von Bet-Schean sowie die Küstengebiete.

1.3. Alltägliche Bedeutung

Getreide war in Palästina / Israel das wichtigste Grundnahrungsmittel, das als Ertrag des Ackers häufig neben Most (→ Getränke) und → Öl erwähnt wird (Num 18,12.27; Dtn 7,13; Jer 31,12 u.ö.) und zusammen mit diesen Produkten für eine ausreichende, lebenssichernde Versorgung steht (2Kön 18,32 // Jes 36,17). Aus dem Mehl buk man Brot, die Körner wurden auch geröstet verzehrt. Daher wird immer wieder auf Getreidefelder (Dtn 23,26) oder die mit der Ernte des Getreides verbundenen Arbeitsvorgänge Bezug genommen, z.B. das Raffen der Getreidehalme (→ Halm), das Schneiden der → Ähren und die Ährenlese (Jes 17,5).

Wenn im Land kein Getreide zu finden war, dann drohten Not und → Hunger, was in der Folge zu Fluchtbewegungen ins Ausland, besonders nach Ägypten führte, wie im Falle der Familie Jakobs (Gen 41ff). Eindrucksvoll ist die Klage der Kinder Thr 2,12: „Wo bekommen wir Getreide und Most her?“. Zeichen des göttlichen Gerichts ist es, wenn Getreide verdorrt (Hag 1,11) oder anderweitig verdirbt (Joel 1,10.17) oder es Feinden anheimfällt (Dtn 28,51). Getreidekrankheiten wie Rost oder Mehltau (יֵרָקוֹן jerāqôn) oder auch der durch den verdörrenden Ostwind ausgelöste Getreidebrand (שִׁדָּפוֹן šiddāfôn) gefährdeten die Ernte des Korns (Dtn 28,22; 1Kön 8,37; Am 4,9; Hag 2,17). Wenn stehendes Getreide durch → Feuer vernichtet wurde (vgl. dazu Ri 15,5), wurde der Verursacher schadensersatzpflichtig (Ex 22,5).

Die Angewiesenheit der Menschen auf Getreide setzt Spr 11,26 voraus: Dort ist von Händlern die Rede, die große Getreidevorkommen besitzen, diese aber in Notzeiten aus spekulativen Gründen zurückhalten, um die Preise in die Höhe zu treiben, was zur Verfluchung durch das Volk führt. „Wer hingegen ein soziales, den Menschen dienliches Verhalten bezeigte, fand Anerkennung und Lob“ (Meinhold 1991, 199). Auch Am 8,5-6 setzt eine gierige Haltung von Händlern voraus, die den Ablauf der Feiertagsruhe nicht erwarten können, um windige Geschäfte mit dem Verkauf von Getreide tätigen zu können. Neh 5,2 weiß von sozialen Missständen wie Schuldsklaverei, die aufgrund der mangelnden Versorgung mit Grundnahrungsmitteln wie Getreide aufkamen. Von ihrer Beseitigung durch einen Schuldenerlass unter → Nehemia berichtet Neh 5,10.

1.4. Religiöse Bedeutung

Ein gutes Wachstum von Getreide ist Grund für Dank und Freude gegenüber Gott, dem Geber aller guten Gaben (Ps 4,8; Ps 65,10). Getreidefülle ist Zeichen der Zuwendung und des → Segens Gottes (Gen 27,28; Dtn 7,13; Dtn 11,14; Dtn 33,28; Hos 2,10, vgl. Hos 2,23-24; Joel 2,19.24; Jer 31,12; vgl. Ps 72,16). Denn JHWH, nicht → Baal schenkt das Getreide (Hos 2,10, vgl. Hos 2,24), er kann diese Gabe aber auch zurücknehmen (Hos 2,11).

Zu den Abgaben an die → Priester gehörte u.a. das Beste vom Getreide (Num 18,12; Dtn 18,4). Auch die → Leviten erhalten ihren Zehntanteil an den Getreideabgaben (Neh 10,40; Neh 13,5.12). Der Zehnte des Getreides durfte nicht zu Hause, sondern nur im Heiligtum verzehrt werden (Dtn 12,17; Dtn 14,23). Getreide als Erstlings- und Zehntgabe setzt 2Chr 31,5 voraus. Nach 2Chr 32,28 gab es für die Lagerung dieser Abgaben eigene Vorratshäuser. Getreideabgaben setzt auch Am 5,11 voraus. Mit dem Schneiden des Getreides war der Beginn des Wochenfestes verbunden (Dtn 16,9).

1.5. Metaphorik

Die Rätselfrage „Was ist Stroh und Getreide gemein?“ (Jer 23,28) bringt Traum- und Wortpropheten bildhaft mit Stroh und Getreide in Verbindung: Während Ersteres als minderwertig galt, war Getreide meist gereinigt und wertvoll, Kraft spendend und dem Lebenserhalt dienlich (vgl. Fischer 2005, 702f).

2. Neues Testament

Die griechische Bezeichnung für Getreide bzw. Weizen lautet σῖτος sitos (→ Weizen).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1992
  • Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006

2. Weitere Literatur

  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina VIII, Gütersloh 2002, Reg. s.v.
  • Fischer, G., Jeremia 1-25 (HThKAT), Freiburg 2005
  • Meinhold, A., Die Sprüche: Teil 1: Sprüche Kapitel 1-15 (ZBK.AT 16/1), Zürich 1991
  • Neumann-Gorsolke, U. / Riede. P. (Hgg.), Das Kleid der Erde. Pflanzen in der Lebenswelt des alten Israel, Stuttgart / Neukirchen-Vluyn 2002
  • Rüthy, E., Die Pflanze und ihre Teile im biblisch-hebräischen Sprachgebrauch, Diss. Bern 1942, 39.50f

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